Sie heißen Clivia, Sieglinde, Jessica, Saskia, Ulla - klangvolle Namen für ein Volksnahrungsmittel, das
ebenso schmackhaft wie gesund ist: die Kartoffel, in manchen deutschen Landen auch Erdapfel genannt.
Die Kartoffel schmeckt in fester und flüssiger Form, pikant und süß, gebraten, gekocht, gebacken, als
Beilage, Suppe, Hauptgericht, Dessert - ein Tausendsassa der Kochkunst.
In der Bundesrepublik stehen Kartoffeln offiziell mit 166 Sorten zu Buch, im Katalog der EG sind es sogar
549. Der Pro-Kopf-Verbrauch der Deutschen liegt bei 75 Kilo pro Jahr. Während der Konsum von
Frischware zum Bedauern der Ernährungswissenschaftler leicht rückläufig ist, wächst der Verbrauch von
Fertig- und Halbfertigprodukten.
Auch bei der gehaltvollen Knolle gibt es übrigens ein Nord-Süd-Gefälle: Im Norden beherrschen
festkochende, südlich des Main mehlige Sorten den Markt.
Herkunft: Ob sie nun 6000 Jahre alt ist, wie oft gesagt wird, oder 'erst' 2000 auf der Pelle hat - die Kartoffel
gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit. Von den Ureinwohnern des Inkareichs wurde die
Pflanze schon angebaut. Nach der Entdeckung Amerikas 1492 brachten Seefahrer sie nach Europa, wo
allerdings niemand der nahrhaften Knolle Beachtung zollte: Die Kartoffel mit ihren dekorativen Blüten war
für viele Jahre hier nur eine Zierpflanze. Friedrich dem Großen ist es zu danken, dass sie zum
Volksnahrungsmittel wurde. Um die Hungersnot nach dem Siebenjährigen Krieg zu lindern, verpflichtete er
die Bauern zum Anbau der 'Tarfoffel'.
Pflanze: Im botanischen Sinn ist die Kartoffel keine Frucht, sondern eine stark entwickelte unterirdische
Sprossverdickung. Sie dient als Reservespeicher und als vegetatives (ungeschlechtliches)
Vermehrungsorgan. Die 'Augen' der Knolle sind Seitenknospen, aus denen Keime und Triebe sprießen. Die
eigentlichen Früchte der Pflanze sind grüne Beeren (ungenießbar), die sich nach dem Abblühen ausbilden.
Züchtung: Neue Sorten brauchen viel Zeit, bis sie in den Handel kommen. Von der Kreuzung bis zur
Zulassung vergehen zehn bis zwölf Jahre. Es kann einige Millionen Mark kosten, bis eine neue Sorte für
den Vermehrungsanbau freigegeben wird. Dabei werden weder Samen noch Setzlinge verwendet, sondern
Pflanzkartoffeln (Mutterknollen) in die Erde gelegt.
Anbau: Gepflanzt wird bei uns im März und April, geerntet je nach Sorte von Juni bis Oktober:
Speisefrühkartoffen (Ernte Juni/Juli) gelten als Delikatesse. Sie sollten gleich nach dem Kauf verzehrt
werden, bei den ganz frühen Sorten kann die Schale mitgegessen werden.
Mittelfrühe Sorten (Mitte August/ September) sind ebenfalls zum baldigen Verzehr bestimmt und nur
bedingt zur Vorratshaltung geeignet.
Mittelspäte bis späte Sorten (Ernte nach Mitte September) eignen sich gut zum Einkellern.
Qualitäten: Ein großer Teil der Kartoffelernte geht in die gewerbliche Weiterverarbeitung für Halbfertig- und
Fertigprodukte (Mehl, Klöße, Püree, Puffer, Chips, Pommes frites usw.). Für den Einzelhandel sind
lediglich drei Klassen zugelassen:
1. Klasse Extra mit sehr geringen Beimischungen von Erde, Keimen, geschädigten Knollen.
2. Klasse I: mit etwas mehr 'Ausfall' 3. Drillinge: Kartoffeln, die die Mindestgröße der vorgenannten
Klassen nicht erreichen, gern als Röstkartoffeln gekauft werden.
Es dürfen nur Speisekartoffeln in den Handel gebracht werden, die sortenrein, gesund, ganz, fest und
praktisch sauber sind. Bei abgepackter Ware muss die Verpackung Auskunft geben über Klasse, Sorte,
Kochtyp, Füllgewicht, Adresse des Erzeugers oder des Abpackbetriebs.
Kochtypen Festkochend - springen beim Kochen nicht auf, sind fest, feucht und feinkörnig. Geeignet für
Salz
-, Pell- und Bratkartoffeln.
Vorwiegend festkochend - springen wenig auf, sind mäßig feucht und feinkörnig. Verwendung wie
festkochend.
Mehligkochend - springen beim Garen auf, kochen locker, sind trocken und grobkörnig. Für Püree, Puffer,
Klöße, Suppen, Eintöpfe.
Inhaltsstoffe: Die Mär vom 'Dickmacher' ist längst widerlegt. 100 g Kartoffeln haben nur 68 Kalorien, eine
Portion von drei Stück (ca. 270 g) also nicht einmal 200 Kalorien. Die Knolle steckt voll praller Lebenskraft:
Wertvolles pflanzliches Eiweiß, leicht verdauliche Kohlenhydrate, kein Fett, 11 verschiedene Vitamine (vor
allem C und B- Gruppe) sowie 15 unterschiedliche Mineralstoffe.
Tipps zum Einkellern - Die Kartoffeln müssen gesund, unbeschädigt, trocken und sauber sein.
- Sorten nicht vermengen!
- Knollen bis höchstens 40 cm Höhe behutsam auf ein Lattenrost schütten. Auch von unten muss Luft an
sie herankommen.
- Nicht in Folienverpackung lagern, der Gittersack ist geeignet.
- Gute Lagerräume sind kühle, frostfreie, trockene, abgedunkelte Keller.
- Abdecken der Knollen mit Papier oder Säcken schützt vor Verdunstung und vorzeitigem Schrumpfen.
- Unbedingt Lichteinwirkung vermeiden! Sie fördert die Grünfärbung und die Bildung des schädlichen
Solanins.
- Bei feuchtkühlem Wetter die Lagerräume regelmäßig lüften!
- Kartoffeln vor Frost schützen, sie werden sonst süßlich.
- Die günstigste Lagertemperatur liegt bei 4 Grad. Ist der Raum wärmer, nur kleine Mengen auf Vorrat
halten oder zugelassene keimhemmende Mittel einsetzen (sorgfältig die Gebrauchsanweisung lesen und
beherzigen).
- Unnötige Bewegung der Knollen vermeiden, sie fördert die Keimbildung. Keimende Kartoffeln nur für den
Tagesbedarf abkeimen.