Mein Forschungsinteresse richtet sich auf die Soziale
Kognition bei Patienten mit psychischen Störungen und in welcher Weise
die Soziale Kognition die soziale Interaktion und interpersonelles
Verhalten beeinflusst. Unter Sozialer Kognition versteht man unter
anderem die Fähigkeit, Gefühle in Gesichtsausdrücken, Körperhaltung
oder der Stimme erkennen und interpretieren zu können. Darüber hinaus
gehört zur Sozialen Kognition die Wahrnehmung zwischenmenschlicher
Beziehungen, etwa Verwandtschaftsverhältnisse, sowie die Fähigkeit,
sich eigene und die psychischen Vorgänge anderer Personen
vergegenwärtigen zu können, etwa in Bezug auf Vermutungen, Annahmen,
Wissen, Absichten, Wünsche und Gefühle. Diese, auch unter dem Stichwort
"theory of mind" bekannt gewordene, Fähigkeit habe ich mit meinen
Mitarbeitern in der Vergangenheit mittels einfacher gezeichneter
Bildergeschichten bei Patienten untersucht. Seit einiger Zeit haben wir
begonnen, Paradigmen aus der Neuroökonomie zu verwenden, um (virtuell)
zu untersuchen, wie Patienten mit psychischen Erkrankungen auf Fairness
bzw. Unfairness reagieren und inwieweit sie in der Lage sind, mit
anderen zu kooperieren und auf Gegenseitigkeit basierendes Vertrauen
aufzubauen. Unser Ziel ist, Aufschlüsse darüber zu gewinnen, wie
Soziale Kognition mit Bindungsstilen oder der Wirkung von Neuropeptiden
wie Oxytozin interagiert und wie diese Vorgänge
elektroenzephalografisch oder in der funktionellen Bildgebung
abgebildet werden können.
Ein weiteres Interesse bezieht sich auf die neuroanatomische
Untersuchung der von Economo Neurone an Gehirnen von Patienten, die an
einer psychotischen Störung gelitten haben. Die von Economo Neurone
sind eine stammesgeschichtlich jüngere Nervenzellart, die im Laufe der
menschlichen Evolution erheblich an Größe und Dichte im sogenannten
anterioren zingulären Kortex und der vorderen Inselregion zugenommen
haben. Die von Economo Neurone sind funktionell möglicherweise an sehr
komplexen kognitiven und emotionalen Prozessen beteiligt.
Schließlich haben wir kürzlich angefangen, die Wirkweise von
Oxytozin auf die Soziale Kognition bei Patienten mit psychotischen
Störungen und Persönlichkeitsstörungen zu untersuchen. Oxytozin ist ein
körpereigenes Hormon, das für seine Verwendung in der Geburtshilfe
bekannt ist. Seit einiger Zeit befassen sich Forscher vor allem auch
mit der Wirkung von Oxytozin auf Empathie und Vertrauen, so dass diese
Substanz auch großes Interesse hervorgerufen hat im Hinblick auf ihren
möglichen therapeutischen Nutzen bei neuropsychiatrischen Störungen wie
Autismus, Schizophrenien, oder Angsterkrankungen.
Die Forschung meiner Arbeitsgruppe ist theoretisch in einen
breiteren interdisziplinären Kontext eingebettet, der versucht,
evolutionäre Gesichtspunkte der menschlichen Entwicklung in Bezug auf
psychopathologische Zustände in den Mittelpunkt zu stellen. Dies
erscheint auf den ersten Blick wenig logisch, da psychische
Erkrankungen ja keinen Anpassungswert an sich haben können. Wenn man
jedoch annimmt, dass psychische Erkrankungen lediglich quantitativ,
nicht aber qualitativ verschieden sind von psychischer Gesundheit, wird
verständlicher, wie die Äquivalente im Gesunden zu Symptomen, Syndromen
oder Störungsbilder unter dem Blickwinkel ihrer stammesgeschichtlichen
Entstehung analysiert werden können.
Die evolutionäre Perspektive umfasst auch die Untersuchung
psychischer Krankheiten bei nicht-menschlichen Primaten, besonders bei
den Menschenaffen, die in Gefangenschaft oft eine langjährige
Traumatisierung erlebt haben, etwa durch eine frühe Trennung von der
Mutter oder anderen Artgenossen. Diese uns stammesgeschichtlich sehr
nahestehenden Tiere sind in ihrem Verhalten beinahe so komplex wie wir
selbst und manche von ihnen benötigen eine
psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung, die wiederum
Rückschlüsse auf unsere eigene Sozialisierung und Bedürfnisse für
psychische Gesundheit ermöglicht.
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Research interests and activities
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My main research interest is Social Cognition in
patients with psychiatric disorders, and how Social Cognition impacts
on social interaction and interpersonal behaviour. Social cognition
involves, among other abilities, the recognition and interpretation of
emotions from facial cues, body posture or prosody (intonation),
perception of social relationships such as kinship, and the ability to
cognitively represent one’s own and other people’s mental states
(“theory of mind”) in terms of beliefs, knowledge, intentions, desires
or feelings. In the past, my collaborators and I have tested theory of
mind abilities using quite simple cartoon stories. More recently, we
have started to use neuroeconomic approaches to examine patients’
understanding of situations involving conditional cooperation, trust
and reciprocity in (virtual) social exchange situations. We seek to
explore the association of Social Cognition with variation in
attachment style, neuropeptide activity and how this is reflected in
brain activity using electroencephalography and functional brain
imaging.
Another area of research comprises the neuroanatomical
examination of von Economo neurons in post-mortem brains of patients
with psychosis. The von Economo neurons represent a phylogenetically
younger population of nerve cells, which have increased in size and
density over evolutionary time, particularly in the anterior cingulate
cortex, and the anterior insula. It is assumed that the von Economo
neurons play a role in complex cognitive and emotional processes.
Finally, we have started to examine the effect of
intranasally administered oxytocin on social cognition in patients with
psychosis and personality disorders. Oxytocin is a neuropeptide hormone
that is well known for its use in obstetrics. Quite recently, however,
researchers have discovered that oxytocin has also the potential to
increase trust and empathy, such that the substance is currently under
intense investigation as regards its potential use in treating
neuropsychiatric disorders such as autism, schizophrenia or anxiety
disorders.
The research of my group is theoretically embedded in a
broader interdisciplinary context focusing on the understanding of
psychopathological conditions from an evolutionary perspective. At
first sight, this approach does not seem straightforward, because
psychopathological conditions – by definition – are maladaptive.
However, if one views psychiatric disorders as extremes of variations
rather than categorically distinct from a normative mean, it becomes
plausible why addressing the adaptive equivalents of individual
symptoms, syndromes or disorders matters.
The evolutionary perspective also includes the study of
psychopathological symptoms and syndromes in nonhuman primates,
specifically great apes in captivity, who often have a long-standing
history of traumatisation and early separation from their mothers and
other con-specifics. The mental life of these close relative of ours is
similar in complexity. Some individuals need
psychiatric-psychotherapeutic treatment, which allows drawing
conclusions that are potentially relevant for the understanding of our
own socialization and needs to improve mental health.
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