Die Bartning-Kirche
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3.1. Zu den Notkirchen Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte infolge der Kriegszerstörungen Mangel an Gotteshäusern. Um Abhilfe zu schaffen, stellten unter Anderem der „Lutherische Weltbund“ Geldmittel für behelfsmäßige Bauten zur Verfügung. Bisher waren Baracken geliefert worden, mit denen man sich aber nicht dauerhaft zufrieden geben wollte. Stattdessen entwickelte die Leitung des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen die Idee der Notkirchen, für die teilweise das vorhandene Trümmermaterial verwendet werden sollte. So konnte die emotionale Bindung der Gemeindemitglieder an ihr Gotteshaus auf die Notkirche übertragen werden. Professor Otto Bartning (1883-1959), Architekt und Theoretiker, konzipierte daraufhin einen Notkirchen-Entwurf, 1946 fertig gestellt, gemäß dem in den folgenden Jahren 48 Notkirchen errichtet wurden. Ihrer gab es vier Typen, die sich in der Anzahl und der Anordnung der Sitzplätze sowie in der Gestaltung des Altarraumes unterschieden. Teilweise wurde die Notkirche auch, sofern möglich, in das Gemäuer der zerstörten Kirche integriert, so z.B. in Hamburg-Hoheluft. Solche Notkirchen konnten mit dem halben Kostenaufwand einer Kirche in üblicher Bauweise erstellt werden. Da für die Konstruktion gewachsenes Holz verwendet wurde, konnten wesentliche Arbeitsschritte ohne die Hilfe spezialisierter Monteure ablaufen.
3.2. Die Bartning-Kirche in Bochum-Hamme In Hamme waren sowohl die Gemeindehäuser als auch die Kirche zerstört. Im April 1948 erhielt die Gemeinde Hamme die Nachricht, dass die Evangelical and Reformed Church of USA eine Notkirche spende. Dieses Angebot wurde angenommen, jedoch strebte man eine Verbindung mit einem Gemeindehaus an, und zwar dem, das an der Amtsstraße stand. Im September 1949 begann man mit den Bauarbeiten, und zwar gleichzeitig an Kirche und Gemeindehaus. Die Fertigteile wurden im Januar 1950 geliefert, am 30. April 1950 konnte die Kirche schließlich geweiht werden. Es handelt sich um eine Kirche des Typs 3 mit polygonalem Altarraum. Eine Wahlmöglichkeit hatte die Gemeinde indes nicht, da diese Kirche ursprünglich einer anderen Gemeinde zugedacht und bereits fertig gestellt war. Für das Mauerwerk der Kirche wurden Steine des alten Gemeindehauses verwendet, die auf Vorschlag Bartnings im „polnischen Verband“ gemauert wurden. Eine weitere Besonderheit stellt das Altarkreuz dar: Auf diesem befindet sich ein weiteres Kreuz auf zwei Zimmermannsnägeln, die aus dem verbrannten Dachstuhl der Kathedrale von Coventry stammen. Die vier Liednummernhalter stammen aus der zerstörten Kirche von Hamme. An der Kirchenrückwand wurden abnehmbare Sperrholzplatten angebracht. So konnte der Gemeindesaal im Falle von Platzmangel mitgenutzt werden. Ursprünglich waren diese Kirchen als Übergangslösung gesehen worden. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass sie mehr als das sind. Auch heute noch wird die Notkirche Bochum-Hamme genutzt und wurde 1994 schließlich in die Denkmalliste der Stadt eingetragen. So ist diese Notkirche einerseits zwar ein industrieller Fertigbau, andererseits jedoch ausgestattet mit charakteristischen Eigenheiten wie z.B. dem Kreuz, das aus Zimmermannsnägeln der Kathedrale von Coventry besteht. Sie ist ein Beispiel für das, worin Otto Bartning das Wesen dieser Notkirchen sah: In der „Verbindung des Typisierten mit dem Individuellen, des Industriell-Transportablen mit dem Ortsgebundenen“.